Zurück in die Zukunft. 3.

20Mrz07

Vor kurzem hatte ich Lust auf eine Zeitreise. Oder sagen wir irgendwie war die Chance dazu da und ich wollte es mal ausprobieren. Es sollte nicht weit zurück in die Vergangenheit gehen, deshalb sollte mein Fahrrad als Zeitkapsel auch vollkommen ausreichen. Ein kleiner Tipp für euch Zeitreisereisende, nehmt genügend zu Trinken mit, man bekommt sehr schnell sehr viel Durst beim Zeitreisen und nicht immer hat man einen Supermarkt zur Stelle. Vor allem weil man sich so schnell in der Zeit irren kann und zack findet man sich in einem Maya-Gefängnis wieder oder bei den Beatles in Hamburg. Und da muss man erstmal was zu trinken finden.

Jedenfalls hatte ich letztens die Zeit und Lust auf eine Zeitreise und ich packte also mein Fahrrad, checkte noch den Reifendruck, denn nichts ist schlimmer als mit falschem Reifendruck zu fahren…und noch dazu diese Scham! Ich stellte weiter den Sattel richtig ein, der Hintern muss ja unter Umständen länger draufsitzen, untersuchte ob der Dynamo und das Licht gingen, fuhr den Atomreaktor auf dem Gepäckträger hoch und baute schließlich meinen Fluxkompensator ans Lenkrad. Ich stellte ihn auf ungefähr 5 Jahre in die Vergangenheit. Also so gegen 2002.

Ich zog mir dann noch meinen schicken und wahnsinnig figurbetonenden Zeitreiseanzug an, packte ein Gewehr in den Rucksack, reichlich Trinken und ein Handtuch. So weit war ich fertig. Ich trug mein Fahrrad also aus dem Keller hoch, setzte meine Sonnenbrille auf, steckte die Ohrhörrer meines iPods in die Ohren, startet die Zeitreisemusik und war bereit.

Ich konzentrierte mich nochmal schnell, ging den Ablauf in Gedanken durch und began in die Pedale zu treten. Immer fester und fester und ich wurde schneller und schneller. Der Fluxkompensator meldete bestes Wetter zum reisen, der Atomreaktor hinter mehr fing schwer an zu arbeiten und zu dampfen, er trieb mich nach vorne. Immer weiter und schneller. Ich hörte auf zu treten und begann in der Umgebung herum zu lauschen. Ich suchte nach der nächsten Auffahrt zum nächstegelegenen Wurmloch um Genau zu sein, denn die kann man nicht sehen, sondern nur hören. Man muss genau hinhören um eine Auffahrt zu finden, da Wurmlöcher auf einer Frequenz schreien, die das menschliche Ohr nicht hören kann, iPods aber schon. Wie genau das funktioniert möchte Apple nicht verraten oder auch nicht wissen, trotzdem geht es. Jedenfalls hörte ich nch knapp 10 Minuten ein erstes Wurmloch grell schreien. Wurmlöcher schreien gerne grell und quietschig, meistens singen sie aber Lieder von Ricky Martin, nur treffen sie niemals den richtigen Ton. Oder Ricky Martin nicht? Egal.
Ich war also erfreut es schreien und nicht singen zu hören, riss den Lenker herum und steuerte direkt auf das Geschrei zu. Blöderweise merkte ich zu spät, dass das Wurmloch auf einem Kinderspielplatz liegt und so rauschte ich zwischen Kindern, Hunden, deren Hinterlassenschaften und jeder Menge Sand mit meinem Fahrrad direkt auf das Klettergerüst des Spielplatzes zu. Kurz bevor ich den Aufprall hören sollte begann dann der sogenannte Zeitreiseflash und ich fand mich in einem wunderschönen Wurmloch wieder. Eine nette Stimme unterlegt mit netter Fahrstuhlmusik begrüßte mich im Wurmloch 456 und wünschte mir eine nette, angenehme Reise, bot mir Getränke und Chips an und schmiß mich nach nur wenigsten Billionstel Nanosekunden wieder raus. Es waren ja auch nur ganze 5 Jahre Zeitreise, also nichts ungewöhnliches.

Und dann stand ich also wieder an gleicher Stelle an der ich los fuhr, nur eben fünf Jahre früher. Nachdem ich nichts feindliches Entdecken konnte packte ich auch wieder mein Gewehr aus, zog den Zeitreiseanzug aus, weil er doch schon ein bisschen peinlich aussieht, baute mein Fahrrad wieder zu einem normalen Fahrrad zurück und begann loszuradeln. Ich radelte einen mir bekannten Weg entlang, den ich länger nicht mehr abgefahren bin. Mein alter Schulweg war das. Mein Schulweg zu meiner alten Realschule.

Am Anfang war noch nichts besonderes dabei, schließlich bin ich früher kein einziges Mal mit dem Fahrrad in die Realschule gefahren. Immer nur mit dem Bus, ich verantwortungslose und faule Person, aber was solls, dieses Mal war einfach zu schönes Wetter um nicht mit dem Rad zu fahren. Jedenfalls verläuft der Radweg ziemlich nah am Busweg und mir war sofort alles bekannt. Irgendwie. Denn im Zuge der Zeitreise waren natürlich auch einige Erinnerungen in meinem Kopf, die zu diesem früheren Zeitpunkt noch gar nicht da sein durften. Und die fühlten sich natürlich erstmal sehr fehl am Platz und verständlicherweise waren sie auch sehr verwirrt. Ich versuchte sie zu beruhigen, in dem ich die Erinnerungen einfach ignorierte. So einfach sollte es manchmal gehen.

Es ging auch eine Zeit lang ganz gut die Erinnerungen nicht zu beachten und sie so als nicht existierend zu betrachten, was die Erinnerungen natürlich noch mehr verwirrte. Kann ich aber verstehen, niemand will sich nicht sicher sein können ob er überhaupt existiert. Dennoch waren die Erinnerungen sehr starke Erinnerungen und je näher ich Richtung Schule kam, desto mehr pochten sie auf ihre Existenz. Die können ekelhaft Dickköpfig sein.
Nun ja, ich gab mich irgendwann mal geschlagen und gab zu, dass sie existierten. Als Revanche dafür gabs aber ne richtig große Erinnerungsparty in meinem Kopf. Jedes Bild, dass meine Augen lieferten, wurde von einer entsprechenden Erinnerung untermahlt und bekam eine Geschichte.

Zum Beispiel war da diese eine Sache damals in der Schule, als wir uns heimlich in der Pause weggeschlichen haben um uns im naheliegenden Supermarkt Bier zu kaufen und uns danach auf die Parkbänke legten. Oder das andere Mal, als wir…ach das ist zu privat. Aber dieses eine Mal war komisch, als ich bei jemanden zu Hause war, der Stoiber mit Nachnamen hies und mir erklären wollte er hätte eine berühmten Onkel…ich frage mich inzwischen ob das stimmen könnte. Hm. Egal, jedenfalls stand ich irgendwann vor meiner alten Schule. Der Unterricht war noch nicht lange aus und meine Nachfolger standen noch genau da, wo wir auch immer nach der Schule standen. Es gibt immer noch das gleiche leckere Eis beim Italiener und Mittwochs die besten Leberkaassemmeln am Kiosk. Und dann stand ich so da vor der Schule, hatte meinen iPod mit schöner Musik in den Ohren. Stellte ihn ab, nahm die Ohrhörer aus den Ohren und lauschte den Geräuschen, atmete über die Nase ein, atmete wieder aus. Alles noch beim alten. Sehr schön.

Ich schaltete meinen iPod wieder an und hörte der Musik zu, ich blickte nochmal auf die Schule, nahm meiner Erinnerungen an die Hand, fuhr wieder los und lies die Schule hinter mir.

7 Responses to “Zurück in die Zukunft. 3.”

  1. Sehr schöner Text.

    Ich war letztens auch hier um die Ecke bei meiner alten Grundschule, zwar nicht ganz vergleichbar mit deinem Text, aber es hat mich dran erinnert. Nur hat sich bei meiner Grundschule fast alles verändert, irgendwie.

    Nur die dickköpfigen Erinnerungen nicht…

  2. Kann mich Iza’s Meinung nur anschließen, wirklich spitze der Text.

    Zeitreisen haben schon nen gewissen Reiz, es gibt da eine tolle Reportage über das Thema von BBC. Da steigt man aber irgendwann aus… mit lauter Theorien, Mathematischen Formeln und Universitätsnamen.

    Hoffe von dem Text gibts ne Fortsetztung.

  3. Was heißt hier Text?
    Das ist ein Tatsachenbericht!

    Trotzdem danke. 😉

  4. 4 matthias

    *ich kenn zwar nicht den platz usw weiter drumherum aber richtig guter text..

    wenn du auf deinem ipod musik von 2007 drauf hast und zurückreist was passiert dann mit der musik die existiert ja so noch gar ed:. ??

    Grüße matthias..

  5. Hm, guter Einwand. Der aber zurückgeschmettert wird, in dem ich dir einfach sage, dass ich Musik gehört habe, die es vor 2002 schon gab.

    Andererseits schätze ich, dass die Musik mindestens genauso verwirrt sein wird wie die Erinnerungen. Da hilft nur ignorieren! Mir Erklärungen kommt man bei diesen Dickköpfen nicht weit.

  6. Doch, die gibt es, genauso wie deine Kleidung aus 2007, deine Haare aus 2007 etc. 😉

    Ich spreche da aus Erfahrung…

  7. Erfahrung, die du uns mitteilen wirst? 😉

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